Herr Otto, stirbt in Hamburg die Kultur aus? (von Volker Peschel)

HafenCity – Die Abwanderung bekannter Künstler, Museumsschließungen, ein vergessenes Beatles-Jubiläum, die Diskussionen um die Notwendigkeit der Kulturbehörde. Aus den Negativschlagzeilen kommt Hamburgs Kulturszene nicht raus. Aber wie kann es weiter gehen?

BILD sprach mit Hamburgs umtriebigem Kulturmacher Frank Otto (53). Investor und Spender bei zahlreichen Musik- und Stadteilprojekten. Und kürzlich mit seiner Plattenfirma ausgezeichnet für seine Nachwuchsarbeit.

BILD: Herr Otto, geht es Hamburgs Kultur schlecht?

Frank Otto: „Ich bin überhaupt kein Kultur-Pessimist. Hamburg ist ein starker Standort. Die Stadt hat eine spannende Musikszene mit großer Historie. Eine starke Privattheater-Landschaft, die mit den Häusern am Kiez einmalig in Europa ist. Dazu eine Kunst-Szene, die internationale Stars wie Jonathan Meese hervorgebracht hat.“

BILD: Bekannte Künstler wie Daniel Richter und Marius Müller-Westernhagen haben trotzdem demonstrativ die Stadt verlassen.

Otto: „Reisende soll man ja nicht aufhalten. Die kochen doch ihr eigenes Süppchen auf der Nummer. Wenn ein Richter meint, bei seinem Umzug noch mal nachtreten zu müssen, ist das, wie ich finde, kein so toller Stil. Und wenn ein Westerhagen sagt, er fände ganz trendy die Szene in Berlin besser, dann kann ich nur müde lächeln. Der kennt doch die Hamburger Szene gar nicht, war hier nie präsent.“

BILD: Ein Udo Lindenberg kämpft seit langem um Projekte wie sein eigenes Museum.

Otto: „Udo Lindenberg ist eine Instanz. Und es ist befremdlich, wenn der sein Musical jetzt in Berlin auf die Bühne bringt. Das ist nicht gut für Hamburg. Er beklagt zu Recht, dass unseren Politiker in Kulturthemen Entschlusskraft fehlt. Da muss sich bei so einem Thema mal einer hinstellen und sagen: Ein Udo-Museum, das wollen wir auf jeden Fall.“

BILD: Was planen Sie momentan?

Otto: „Ein Radioangebot für Leute, die mit den kommerziellen Stationen nicht mehr viel anfangen können. Auf denen nur noch die Uhrzeit und der Stau angesagt wird. Ich plane einen Sender, der die Szene Hamburgs viel stärker reflektieren soll. Erörtere gerade mit Partnern, was möglich ist.“

BILD: Sie planen auch ein Kulturschiff, das in der HafenCity ankern soll?

Otto: „Ein Veranstaltungsort mit Gastro an Bord. Der eine Bedarfslücke schließen wird. Hier in die HafenCity sollen Studenten kommen. Aber bei den Quadratmeterpreisen kann man denen keine attraktiven, bezahlbaren Ausgeh-Orte anbieten. Die sind dann in der U-Bahn und weg. Mit dem Schiff haben sie eine Location, die günstiger ist – und trotzdem attraktiv durch die Lage.“

BILD: Wo fehlt es der Kultur an Geld und Unterstützung?

Otto: „Die Subkultur hat in Hamburg mehr zu leiden, als die Hochkultur. Und dabei geht es nicht nur um Geld. Die Wahrnehmung und Unterstützung der Stadt muss da sein, daran hat es gefehlt. Sonst bleibt der oft gehörte Satz: Für die Elbphilharmonie ist Geld da, aber für uns…“

BILD: Wo muss die Stadt Hamburg aufpassen?

Otto: „Hamburg muss klar definieren, woran man hier glaubt. Wir haben tolle Leute. Es wäre schade, wenn ein Kunstsammler wie Harald Falckenberg, der die junge Szene fördert, hier vereinsamt. Diskussionen wie um die Schließung des Haus der Gegenwart darf sich Hamburg nicht leisten.“