Was CO2 im Meer anrichtet

Wir leben auf einem Wasserplaneten und jeder kennt die Aufnahmen aus dem Weltraum, die die Erde in schönem blau erstrahlen lassen. Wir sehen dort alle drei Aggregatzustände: die Polkappen und Gletscher als gefrorenes Eis, die Wolken als gasförmigen Wasserdampf und 71 Prozent der Erdoberfläche als das flüssige Wasser der Meere. Das ist im wahrsten Wortsinn eine oberflächliche Betrachtung, denn auf Grund der enormen Tiefe der Ozeane befinden sich dort mehr als neunzig Prozent des Lebensraums unseres Planeten.
Das ist die eigentliche Heimat des Lebens auf der Erde, wo es vor etwa 3,4 Milliarden Jahren entstanden sein soll. Der Meeresboden gilt als Ort der höchsten Artenvielfalt auf der Erde und davon ist bisher nicht einmal ein Prozent biologisch erforscht. Wir wissen jedoch um die ‚Systemrelevanz‘ der Ozeane für unser Leben. Trotzdem wird dieser unschätzbare Wert nicht geschützt und nach dem Motto ‚Aus den Augen, aus dem Sinn‘ werden Radioaktivität, Öl, Plastik, Gifte, Kunstdünger und Abwässer ins Meer entsorgt. Neben diesen direkten und offensichtlichen Verschmutzungen der Meere, verursachen Menschen auch eine Bedrohung durch den Umweg über die Atmosphäre.

Das Spurengas Kohlendioxid, also CO2, ist uns mittlerweile durch die eingetretene Erderwärmung als Problem bekannt. Hatten im vergangenen Jahrhundert noch viele Klimaforscher die Hoffnung, das Meer könnte mit der CO2 Aufnahme den Treibhauseffekt verhindern oder zumindest mindern, kann man heute nur feststellen, dass diese Einstellung aus Unwissenheit fatal und leichtsinnig war. Etwa ein Viertel der in die Luft geblasenen Kohlendioxidemissionen werden von den Meeren unmittelbar absorbiert, weiß man heute. Seit dem Anfang der Industrialisierung sind etwa die Hälfte des in die Luft geblasenen CO2 von den Meeren geschluckt worden. Soweit die bekömmliche Nachricht. Die Kehrseite ist, dass damit das Problem der Ozeanversauerung eingetreten ist. Im Wasser reagiert CO2 nämlich zu Kohlensäure und vergiftet damit zunehmend die Meere. Das ist eine Tatsache, die in der Politik bisher überhaupt nicht angekommen zu sein scheint.

Wenn Kohlendioxid zu Kohlensäure reagiert, werden Wasserstoff-Ionen und Hydrogenkarbonat-Ionen freigesetzt. Während die Wasserstoff-Ionen den Säuregrad des Wassers ansteigen lassen, dämpfen die Karbonat-Ionen diesen Effekt. Das hat aber zwei wesentliche Konsequenzen: Der Verbrauch von Karbonat reduziert erstmal die Aufnahmefähigkeit von CO2 im Wasser und fehlt dann jedoch letztendlich um der Versauerung entgegenzutreten – und andererseits steht das Karbonat dann fataler Weise nicht mehr den Meeresorganismen zur Verfügung, die darauf angewiesen sind. Das betrifft alle Lebewesen, deren Skelettstrukturen oder Schalen aus Kalk bestehen.

Ganz vorne in der Nahrungskette steht der Krill und es muss befürchtet werden, dass sich der Kalk dieser Tiere auflösen könnte. Aber auch andere Krebse, Schnecken, Muscheln und Korallen sowie Kalkalgen benötigen Karbonat für den Aufbau ihrer Strukturen. Der Säureanstieg der Meere ist zweifelsfrei bewiesen, er ist in den letzten zweihundert Jahren um 30 Prozent gestiegen. Jedoch kein Forscher kann heute mit Gewissheit sagen, ab welchem Säuregrad das Meer zu kippen droht, aber wir seien schon sehr nahe dran. Und das ist ja bei weitem nicht die einzige Bedrohung der Ozeane.

Die Meere haben während der letzten Jahrzehnte über neunzig Prozent der durch Treibhausgase verursachten Wärme aufgenommen. Den wenig temperaturtoleranten Korallen macht die Ozeanerwärmung schon heute zu schaffen. Das Great Barrier Reef vor Australien ist das größte Korallenriff der Welt. Die Korallenbleiche im Jahr 2016 war die stärkste, die jemals festgestellt wurde. Auch in 2017 kam es wieder zu einer Korallenbleiche und damit zum ersten Mal, dass zwei Korallenbleichen in direkt aufeinanderfolgenden Jahren auftraten. Rund die Hälfte der Korallen sind jeweils dabei abgestorben. Damit ein Riff sich von solchen Ereignissen erholen kann, braucht es 10 bis 15 Jahre ohne Korallenbleiche, was bei der voranschreitenden Erderwärmung nun absolut unrealistisch ist.
Man muss nicht ‚Findet Nemo‘ gesehen haben um zu wissen, dass die Korallenriffe die Kinderstube für die unterschiedlichsten Meeresbewohner darstellen. Im Great Barrier Reef leben ungefähr 1 Millionen verschiedene Arten. Man geht davon aus, dass mehr als ein Viertel bis fast ein Drittel der Meeresbewohner ohne die Korallenriffe keine Überlebenschance hätten. Das geht ganz schnell vonstatten: erst steigt die Population an Raubfischen, da die kleinen Jungfische keinen Schutzraum mehr haben und leicht zu fressen sind. Da gefressene Fische keine Nachkommen mehr haben können, geht anschliessend den Raubfischen das Futter aus.
Korallenriffe sind die grössten von Lebewesen geschaffenen Gebilde der Erde, einige Riffe erheben sich mehr als 2000 Meter über den Meeresboden. Durch unsere zerstörerischen Eingriffe in die Natur werden wir die wohl kaputt bekommen und uns dann für die grössten Baumeister halten.

Die durch die Meereserwärmung zu beobachtende Zunahme an schweren Stürmen, setzt den Korallenriffen ebenfalls zu. Noch nicht ausreichend erforscht ist die plötzliche Invasion des giftigen Dornenkronenseestern, der die lebenden Korallenpolypen aus ihren Kalkgehäusen saugt und auffrisst. Man kann nur vermuten, dass die eingeschwemmte Überdüngung der Meere und die damit verbundene Algenvermehrung, die Nahrungsaufnahme der Larven derart begünstigt, dass der Populationsanstieg zur Ausweitung seines Lebensraumes führt. Die Bedrohung kommt also aus verschiedenen Richtungen und dann nicht zu vergessen, dass eben diese Überdüngung auch zur Eintrübung des Wassers führt, damit das Licht schwächt und so die Photosynthese behindert. Der Anstieg des Meeresspiegels, 20 cm seit Beginn der Satelittenmessungen, trägt seinerseits dazu bei.

Kein Licht benötigen die Kaltwasserkorallen, die sich meist in 200 bis 400 Meter Tiefe befinden und eine vergleichbar grosse Ausdehnung haben. Sie werden vom CO2 Eintrag in die Meere als erstes betroffen sein. Sollte der heutige pH-Wert von 8,1 sich um 0,05 Einheiten weiter absenken, was im kommenden Jahrzehnt schon eintreten könnte, würden sich die Kalkfundamente der Riffe auflösen. Auf Grund der Unzugänglichkeit in dieser Tiefe weiß man bisher nur vom Nordatlantik, dass alleine dort davon 1.300 Tierarten betroffen wären.

Was auch immer die subventionsabhängigen fossilen Energieträger Lobbyisten uns erzählen wollen: Die Rechnung stimmt nicht, denn jeder Tag nicht genutzter erneuerbarer Energie ist eine unwiederbringlich verlorene Verschwendung von Naturkapital in unermesslicher Höhe.

Deshalb betone ich nochmal: Eine Regierung, die keine klaren Vereinbarungen zur CO2 Reduktion beschließt, die auch keine in ihrer Legislatur diesbezüglich nachprüfbaren Eckpunkte definiert, brauchen wir und die Welt nicht.
(siehe auch meine Notiz vom 29.10.2017: https://www.facebook.com/notes/frank-otto/eine-kurze-geschichte-der-klimaforschung-und-der-langanhaltenden-ignoranz/1832252080136440/ )
Und hier mein Redebeitrag zur Bedrohung der Weltmeere durch den CO2-Eintrag: https://www.youtube.com/watch?v=8CCB4UMdBww&t=6s